Artikelinformationen
Artikelbeschreibung
Die moderne Kultur wird zunehmend von Fragen und Antworten rund um die sexuelle Identität beeinflusst – ob im öffentlichen Diskurs oder bei kulturellen Trends. Jedes gesellschaftliche Phänomen hat seine historischen Wurzeln. Von Augustinus, über Rousseau bis hin zu Marx oder Freud sind unterschiedliche Auffassungen des Selbst vorgestellt worden. Im 20. Jahrhundert wurden diese Konzepte des Selbst nicht nur psychologisiert und eng mit der Sexualität verschränkt, sondern unter dem Einfluss von Leuten wie Reich, Marcuse und anderen ebenfalls zu einer politischen Angelegenheit gemacht.
Der Historiker Carl Trueman untersucht in seinem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst die Sichtweisen auf das »Selbst«, die schlussendlich zur sexuellen Revolution beigetragen haben und seitdem tief in unsere Alltagskultur eingeschrieben sind. Er greift dabei auf Analysen des Philosophen Charles Taylor, des Soziologe Philip Rieff und des Ethikers Alasdair MacIntyre zurück. Trueman gibt einen äußerst hilfreichen Überblick über die Vergangenheit, bringt Klarheit in die Gegenwart und vermittelt Orientierungs- und Argumentationshilfen im Blick auf die Zukunft. Für Christen, die sich in der Kultur einer sich ständig verändernden Suche nach Identität bewegen und bewähren müssen, ist das ein wichtiges Werk.
Zusatzinformationen
- ISBN: 9783986650223
- Auflage: 03.11.2022
- Seitenzahl: 524 S.
- Maße: 14,5 x 21,5 x 3,2 cm
- Gewicht: 775g
- Preisbindung: Ja
- Sachgebiet: Zeitgeschehen/Geschichte
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Ein Standardwerk
Heute haut die Aussage „Ich bin eine Frau, die im Körper eines Mannes gefangen ist“ in der westlichen Gesellschaft kaum jemanden vom Hocker. Doch wie konnte es dazu kommen? Carl Trueman zeichnet in seinem Buch „Der Siegeszug des modernen Selbst“ die Grundlinien der Entwicklung nach, die in das heutige Denkschema münden. Von Rousseau ausgehend über Marx, Freud, Nitzsche und der Frankfurter Schule bis zu den LGBTQ+ - Aktivisten. Trueman legt dar, dass sich die Sicht auf das Selbst in den letzten 200 Jahren stark verändert hat, sodass es zu der eingangs zitierten Aussage kommen konnte.
Besonders wertvoll sind meines Erachtens die ersten beiden Kapitel, in denen der Verfasser grundlegende Begriffe bespricht, die drei Philosophen der Neuzeit (Charles Taylor, Philip Rieff und Alasdair MacIntyre) in Blick auf die Gegenwartskultur geprägt haben. Diese Kapitel haben mich am intensivsten beschäftigt, weil sie wesentliche Hinweise dazu liefern, wie das Denken der heutigen Gesellschaft eingeordnet werden kann. Im weiteren Verlauf des Buches greift Trueman immer wieder auf diese grundlegenden Konzepte zurück und wendet sie auf historische Ereignisse an. Allein die ersten beiden Kapitel sind es schon wert, dass man sich dieses Werk zulegt.
Ab Kapitel drei beginnt dann die Darlegung der geschichtlichen Entwicklung, die am Ende in dem individualistischen, psychologischen Menschen mündet, der seine Identität so formen kann, wie er es möchte: Das moderne Selbst ist geboren. Trueman versteht es, wichtige Persönlichkeiten der Geschichte zu beleuchten, die für diese Entwicklung von Bedeutung sind, dabei erhebt er allerdings nicht den Anspruch, alles vollständig und lückenlos darzustellen. Gleichwohl werden einige der wichtigsten Akteure benannt und analysiert.
Das Buch ist von einer nüchternen Darlegung der Fakten geprägt, ohne polemisch zu werden oder anzuklagen, dies ist auch das erklärte Ziel Truemans. Er sieht sein Buch ganz klar als eine Einführung in die Thematik, auf der weiter aufgebaut und aus christlicher Perspektive bewertet werden sollte. Eine Beurteilung aus christlicher Sicht wäre sicherlich von großem Wert gewesen, ist aber vom Autor bewusst nicht als Ziel des Buches ausgegeben. In einem Schlusswort gibt er allerdings einige Gedanken aus christlicher Sicht weiter, die zum weiteren Nachdenken und Forschen anregen.
Trueman legt hier ein Buch vor, welches als Standardwerk bezeichnet werden kann. Es zählt definitiv zu den prägendsten Büchern, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe und zu denen, die mich am meisten beschäftigt haben. Wer die Gegenwartskultur und das zeitgenössische Denken besser verstehen möchte, kommt kaum an diesem Werk vorbei. Auch wenn das Buch in einer anspruchsvollen Sprache formuliert wurde, die von Fremdwörtern gespickt ist, lohnt es sich, Mühe und Zeit zu investieren, um dieses Werk durchzuarbeiten. -
Wie der Individualismus sich selbst abschafft
Dieses Buch erhebt weder den Anspruch, beklagend oder polemisch verstanden zu werden, noch will es als abschließende Antwort auf die Gegenwart verstanden werden.
Trueman möchte mit diesem Werk zukünftige Diskussionen bereichern und dazu beitragen. Das gelingt ihm auf ganzer Linie. Von Beginn an war ich begeistert davon, wie Trueman diese gegenwärtige Revolution Stück für Stück entfaltet. Dies hilft dem Leser, die geschichtliche Entwicklungslinie und wesentliche Verknüpfungen nachzuvollziehen. Im Kern deckt das Werk auf, wie der Individualismus sich dadurch selbst abschafft.
Äußerst positiv anzumerken ist auch, dass der Verlag immer wieder Fußnoten ergänzt hat, um dem europäischen Leser zusätzliche Verständniszugänge zu ermöglichen.
Was mir etwas zu kurz kommt:
- Der Autor möchte vornehmlich die Entwicklung beschreiben. Dies gelingt sehr gut. Dennoch hätte ich hier und da eine biblischere Argumentationsweise als sehr hilfreich für den Leser empfunden.
Insgesamt bietet dieses Werk einen ausführlichen Einstieg in die geschichtliche Entwicklung „des Siegeszuges des modernen Selbst“ und liefert zu jedem Kapitel eine ganze Reihe von Quellenangaben zur tiefergehenden Recherche und Auseinandersetzung.
Vielen Dank an Verbum Medien für die Übersetzung und Veröffentlichung dieses Werkes. Ich habe vom Verlag dankenswerter Weise eine kostenfreie Version zur Verfügung gestellt bekommen. Die vorliegende Beurteilung beruht jedoch auf meiner persönlichen Meinung. -
Verstehe das Heute
Wie kam es dazu, dass Staat, Gesellschaft, Schule, Familie und Alltag erotisiert wurden? In „Der Siegeszug des modernen Selbst“ geht Carl Trueman auf die kulturelle Amnesie sowie den expressiven Individualismus ein und zeigt den Weg der sexuellen Revolution auf.
Wer ist der Autor?
Carl Trueman ist Professor für Biblische und Religiöse Studien am Grove City College (USA). Er ist freier Redakteur bei First Things, ein geschätzter Kirchenhistoriker und arbeitet als Wissenschaftler am Ethics and Public Policy Center. Trueman hat zahlreiche Bücher verfasst oder herausgegeben.
Worum geht es in dem Buch?
Die Ausarbeitung Truemans ist ein Augenöffner, um die aktuellen Veränderungsprozesse in der Politik zu verstehen und weshalb es zur Ausbreitung des neuen Selbst kommt.
Im ersten Teil geht der Verfasser auf die Architektur der neuen Vorstellungen vom Selbst ein und zeigt auf, wie unsere westliche Kultur neu gedacht wird. Dabei wird deutlich, dass eine Identitätsrevolution im Gang ist. „Im Zeitalter des psychologischen Menschen hat sich das eindeutig umgekehrt. Befriedigung und Sinn – Authentizität – werden jetzt in der Hinwendung nach innen gefunden, und die Kultur wird entsprechend neu konfiguriert.“
In den Grundlagen stellt er den unbekannten Gesetzgeber vor, der zur Geburt eines plastischen Menschen beitrug und betont, dass das moderne Selbst und seine Kultur ihre unmittelbaren Wurzeln eindeutig in den intellektuellen Entwicklungen des 18. und 19. Jahrhunderts haben. „Wenn die Gesellschaft und Kultur nur ein Konstrukt ist und die Natur keinen inneren Sinn oder Zweck hat, dann muss der Mensch selbst Sinn erschaffen.“
Der dritte Teil richtet nun den Fokus auf die Sexualisierung der Revolution. Hierbei steht besonders Sigmund Freud im Blick, da sein Denken Zivilisation und Sex auch noch heute prägen und von der Neuen Linken aufgenommen wurde, um Sex zu politisieren. „Von dem Augenblick an, da man Identität als sexuell verstand, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Sex politisch wurde.“
Zuletzt stellt Trueman den die Siege der sexuellen Revolution des Selbst vor. Dabei konzentriert er sich auf drei Themenschwerpunkte: das Erotische, das Therapeutische und die Transgenderthematik. „Der Grundtenor der therapeutischen Gesellschaft, von ihrer Psychologisierung von Unterdrückung bis hin zu ihren historischen Erzählungen, die die Opfer der Geschichte zu den wahren Helden macht, kultiviert emotional (und daher moralische) Macht, die heute jemand einfordert, der sich als Opfer hinstellt.“
Wer sollte das Buch lesen?
Das Buch ist anspruchsvoll – ohne Frage. Einerseits wird man in philosophische und gesellschaftstheoretische Denkweisen eingeführt, andererseits werden auch historische Bezüge eingebracht. Daher sollte ein Interesse für solche Themenfelder beim Leser vorhanden sein. Dennoch gelingt es Trueman gut verständlich zu schreiben. Besonders Pastoren und Gemeindeleitern sowie Jugendleitern und Bildungsverantwortlichen ist das Buch zu empfehlen, da es gilt, die Ideen hinter den aktuellen Bestrebungen zu kennen, um aufzuklären und dies ohne Polemik.
Weshalb sollte man das Buch lesen?
Die Ausarbeitung dient als Einstieg in die Auseinandersetzung der Themenfelder, die Familie, Kultur und Nationen verändern. Trueman gelingt es dabei aufzuzeigen, dass Ideen, „die heute sowohl die bewussten Philosophien als auch die Institutionen durchdringen und damit das soziale Vorstellungsschema dominieren, tief in der Geschichte verwurzelt sind.“ Ein Glossar am Ende hilft dem Leser, sich im woken Begriffe Wirrwarr besser zurechtzufinden. Hervorzuheben ist Truemans unwissenschaftlicher Epilog zum Ausgang, der u. a. auch Zukunftsaussichten sowie Anregungen für die Christenheit beinhaltet, denn als Christen sollten wir mit den Herausforderungen in Liebe umgehen, aber klar in der Sache sein können. „Wie war das heute anstellen und wo dabei die Grenzen liegen – das sind die drängenden Fragen der Gegenwart.“
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